Pädagogische Ziele
Die kurzen Verweildauern von Schülerinnen und Schülern in der Klinik haben dazu geführt, dass die Übergangssituation des Klinikaufenthaltes zunehmend von ihrem Ende her betrachtet werden muss. Aus dieser Perspektive der zeitnahen Entlassung von Schülerinnen und Schülern aus der Klinik erwachsen neue Aufgaben im Hinblick auf die pädagogische und schulische Förderung während des Klinikaufenthaltes.
Die Vorbereitung von Schülerinnen und Schülern auf ihre Rückkehr in die alte bzw. neue schulische Umgebung, ihre (Re-) Integration, wird zu einem wichtigen Schwerpunkt der schulischen Förderung. Im Unterricht wird die Rückkehr in das schulische Umfeld thematisiert und vorbereitet. Aufgabe unserer Schule ist es, den Schülerinnen und Schülern Hilfestellung bei der aktuellen und zukünftigen Lebensgestaltung zu geben.
Das Ziel einer bestmöglichen (Re-) Integration impliziert, dass die Schülerinnen und Schüler an unserer Schule nach Möglichkeit so weit gefördert werden sollen, dass sie den Anschluss an ihre jeweilige Klasse in der Stammschule halten können. Jedoch muss an dieser Stelle auch deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Schule für Kranke nicht der Ort sein kann, an dem Unterricht gewissermaßen in der Form eines Nachhilfeunterrichtes erfolgt und lediglich dazu dient, die über einen längeren Zeitraum krankheits- oder störungsbedingt versäumten Unterrichtsinhalte aufzuarbeiten.
Der Unterricht an unserer Schule ist förderdiagnostisch orientiert; die Unterrichtsgestaltung basiert auf einer den Lernprozess begleitenden, pädagogischen Diagnostik. Das heißt: Zur Ermittlung und Feststellung des jeweiligen Förderbedarfes schaffen wir unterschiedliche Unterrichtssituationen, die ein möglichst genaues und differenziertes Beobachten ermöglichen. Dies erfordert den Einsatz unterschiedlicher Methoden und Sozialformen sowie das Angebot unterschiedlicher Unterrichtsinhalte. Die schulische Förderung von Schülerinnen und Schülern an der Schule für Kranke muss sich an den jeweiligen festgestellten Förderbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen orientieren und darüber hinaus - angesichts von Krankheit oder Störung - die jeweilige individuelle Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen.
Angesichts der sehr heterogenen Lerngruppen, die sich klassen- und schulformübergreifend zusammensetzen, erhalten die Prinzipien der Individualisierung, der Differenzierung, der Selbsttätigkeit und der Ganzheitlichkeit sowie der Einsatz von entsprechenden Lehr-, Lern-, Arbeitsmitteln und Medien an unserer Schule eine be-sondere Bedeutung. Entsprechend den Empfehlungen zum Förderschwerpunkt kranker Schülerinnen und Schüler der Kultusministerkonferenz sollen „über leistbare Anforderungen, Erfolgserlebnisse und persönliche Zuwendung Selbstvertrauen, psychisches Gleichgewicht, Lern- und Lebensfreude und Genesung gestärkt und gestützt werden. Es werden Lernsituationen geschaffen, die geeignet sind, das Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl der kranken Kinder und Jugendlichen unter Anerkennung individueller Leistungsmöglichkeiten und -grenzen zu stärken und ihre Handlungsmöglichkeiten auszuschöpfen und zu erweitern.“ (Beschluss der Kultus-ministerkonferenz vom 20.03.1998)
Im Rahmen der schulischen Förderung ist es uns wichtig, dass das Lernen in einem möglichst angstfreien und von guter Beziehung geprägten Lernklima erfolgt. Dies kann den Schülerinnen und Schülern helfen, Zuversicht und Selbstvertrauen zu entwickeln und Bildung als Prozess der Selbstbestimmung zu erfahren.
Die Stärken und Interessen unserer Schülerinnen und Schüler sowie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten sind ein gewinnbringender Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Förderung. Von ihnen auszugehen kann ebenfalls dazu beitragen, die Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu stabilisieren und zu fördern.
Ein vielfältiges und breit gefächertes Angebot von Lernmaterialien soll dazu dienen, den individuellen Bedürfnissen und subjektiven Zugangswegen der Schülerinnen und Schüler zum Lernen gerecht werden zu können. Zusätzlich ermöglichen Computer in den Klassenräumen die integrierte Anwendung von Lern- und Textverarbeitungsprogrammen sowie den Zugang zum Internet.
Insgesamt soll das vielseitige und abwechslungsreiche Angebot von Lehr-, Lern-, Ar-beitsmitteln und Medien mit dazu beitragen, die Motivation für schulisches Lernen (neu) zu entwickeln und zu fördern.
Entsprechend dem pädagogischen Auftrag der Ganzheitlichkeit von Krankheit und schulischem Lernen achten wir bei der Auswahl von Lernzielen und Lerninhalten für den Unterricht sowie bei der Wahl der methodischen Formen darauf, dass wir den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geben, sich mit ihrer Lebenssituation und Krankheit auseinanderzusetzen. Die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Austausch mit anderen Schülerinnen und Schülern kann zu einer Erweiterung des Wertgesichtsfeldes führen und eventuelle neue Lebensperspektiven sichtbar werden lassen. Auf diese Weise soll der Unterricht dabei helfen, Strategien zur Kompensation von Krankheitsfolgen zu entwickeln und zu fördern sowie zur Klärung von Zukunftsfragen beizutragen. Fragen der Sinn- und Wertorientierung beziehen wir bewusst in den Unterricht ein, weil das Vorhandensein einer Sinn- und Wertorientierung als ein wichtiger Indikator für seelische Gesundheit gilt. In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig deutlich zu machen, dass wir unser Handeln als ein pädagogisches Handeln verstehen, das wir ausdrücklich von einem therapeutischen Handeln unterscheiden möchten.